Da es hier und da immer mal um eine passende POS-Software für Shopware geht, möchte ich hier mal unsere Erfahrungen zusammenfassen.
Ausgangspunkt
- Wir betreiben einen klassischen lokalen Einzelhandel und woll(t)en mit unserem Sortiment auch online gehen.
- Wir nutzten bisher knapp 3 Jahre iZettle, auch als POS-Lösung, daher taucht das auch im Folgenden immer wieder als Vergleich auf.
- Unser Ladengeschäft ist gleichzeitig auch das Lager für den Versand.
- Wir nutzen Pickware POS nun seit Beginn Oktober 2017.
(Wir haben uns für Shopware entschieden, weil wir in der Professional-Version auch die ERP-Lösung - insb. für Lieferantenbestellungen - enthalten haben und es uns insb. auch auf dem Smartphone als Shop sehr gut gefallen hat, ansonsten will ich hier nicht weiter auf Shopware selbst und dessen Backend eingehen.)
Usability
- Was ist als erstes im Vergleich zu iZettle aufgefallen ist, ist die grafische Aufmachung: Pickware POS ist kleinteilig , nicht immer erwischt mit mit dem Finger das, was man eigentlich wollte; klickt man z.B. versehentlich auf “Rechnung” statt auf “Kartenzahlung” ist der Vorgang abgeschlossen - man muss den Warenkorb vor dem Kunden erneut füllen und im Backend später die falsch erstellte Rechnung stornieren - ärgerlich.
- Meist muss man bei Auswahl der “Kartenzahlung” ein bisschen scrollen , da (im Querformat) nicht alles auf den Bildschirm passt.
- Die Eingabe ist nicht durchgängig : Rabatte auf Artikel vergibt man durch Eingabe per Tastatur, Rabatte auf den Warenkorb per Auswahl.
- Das Erfassen von mehreren gleichen bzw. ähnlichen Artikeln ist mühsam , insb. wenn diese (noch) keinen Barcode haben:
- bei iZettle sucht man den Artikel und klickt ihn bzw. die ähnlichen einfach x mal an,
- bei Pickware POS sucht man den ersten Artikel und korrigiert dann über mehrere Klicks und Tastatur die Anzahl
- hat der Artikel einen Barcode kann man nicht zuerst/danach z.B. “5” auswählen (wie man es von der Supermarktkasse kennt) und scannt anschließend/zuerst, sondern scannt den Artikel x mal (oder korrigiert die wie oben über mehrere Klicks und Tastatur)
- ähnliche Artikel muss man immer neu suchen , bei iZettle bleibt die Suche z.B. erhalten
- Die Suche nach Artikeln erfolgt nicht schon während der Eingabe , sondern erst mit Abschluss durch “Fertig”.
- Artikel werden scheinbar nicht zwischengespeichert; je nach Internetverbingung und einer Shop-Hardware dauert die Suche und insb. der Abschluss des Warenkorbs recht lange - zu lange für das bevorstehende Weihnachtsgeschäft.
Features
- Kein absoluter Rabatt : Wir arbeiten aus der Vergangenheit heraus ganz klassisch mit eigenen Gutschein-Klappkarten in unserem eigenen Design auf denen ein freier Wert geschrieben wird. Aktuell ist es nicht möglich in der Kasse einen einfachen absoluten Rabatt (z.B. 15,-) zu geben und eine Gutschein-Nummer zur Dokumentation zu hinterlegen - iZettle kann das problemlos. Seit wir Pickware POS nutzen können wir überhaupt nicht mehr nachvollziehen, welche Einkäufe mit Gutscheinen erfolgt sind.
- Keine Pfand-Rückgabe : Im Onlinehandel sicherlich zweitrangig, wäre es für uns wichtig bei Pfand diesen (negativen) Pfand-“Artikel” in den Warenkorb zu legen und ggf. auch ohne weiteren Einkauf abzurechnen und auszahlen zu können. (Nachtrag vom 11.12.2017)
- Auch kann man Rabatten oder Belegen allgemein keinerlei Kommentare hinzufügen - auch das kann iZettle sehr schön. Auch den Kauf des Gutscheins o.ä. Infos können wir so nicht mehr dokumentieren/nachvollziehen.
- Man kann Kunden am POS zwar recht schnell und einfach anlegen , sie aber nicht der richtigen Kundengruppe zuweisen ; hat man also einen neuen z.B. gewerblichen Kunden vor sich, dem man direkt bei seinem ersten Einkauf die passenden Rabatte u.ä. geben will, muss man das von Hand tun …
Belege/Rechnungen
- Ob man typische Kassen-Belege oder Rechnungen erstellen will, muss man vor dem Login entscheiden. Will ein Kunde z.B. eine typische A4-Rechnung, weil er über 150,- Euro kommt, muss man sich ausloggen, das Profil wechseln, einloggen und den Warenkorb erneut eingeben - und später wieder in das Bon-Profil wechseln. Ansonsten bekommt er per E-Mail einen Bon auf A4 hochgezogen - schön ist das nicht und die Bankverbindung u.ä. fehlt ebenfalls.
- Die Berechnung der Artikel und der Steuer erfolgt scheinbar nach unterschiedlichen Formeln/Rundungen , so hatten wir eine Rechnung die als Brutto-Summe 42,99 aufwies, bei der Auflistung der Steuer dann aber einen Brutto-Betrag von 42,97 … (Mail mit dem konkreten Beleg ging heute an den Support von Pickware)
- (Im Warenkorb und später bei der Auswahl des Zahlungsmittels wird scheinbar unterschiedlich gerechnet: wir hatten einmal den Fall, dass der Preis sich vom Warenkorb mit entsprechenden Rabatten zum späteren Betrag unterschied - wir konnten das bisher aber nicht nochmal reproduzieren.)
- Man muss sich entscheiden, ob man Bons/Rechnungen immer oder nie druckt, wird aber immer gefragt, ob man einen Beleg erneut drucken will - warum nicht die Option “Drucken ja/nein” (wie mal wieder bei iZettle) zur Verfügung steht, ist mir schleierhaft. Hat es sich ein Kunde anders überlegt, kommt man nicht mehr an den Beleg … außer man hat über das iPad Zugriff auf das Postfach der Rechnungsarchive …
Kassenbericht/Statistiken
- Man hat an der Kasse keinen Einblick , was man heute an Umsätzen gemacht hat, da die Karten- und Rechnungszahlungen nirgends erscheinen, man kann lediglich den Kassenbericht aufrufen und sie dann dort die Barzahlungen (und Ein-/Auszahlungen) - bei iZettle sieht man das alles.
- Man sieht auch keinerlei Statistiken , welche Artikel heute besonders gut liefen - auch das bietet iZettle.
- Es gibt keine Möglichkeit den erstellten Kassenbericht direkt zu drucken , er wird auch nicht per E-Mail verschickt. Stattdessen muss man sich ins Backend einloggen, durch diverse Menüs klicken und ihn dann ausdrucken, um ihn abzuheften.
Kosten
- Möchte man Pickware POS mit den Lieferanten-Bestellungen des ERP nutzen braucht man eigentlich auch noch Pickware Mobile - man ist dann bei 79,- + 129,- Euro netto pro Monat - für einen kleinen Einzelhändler meines Erachtens viel zu viel, um die Anzahl von vorrätigen Artikeln aktuell zu halten.
- Auch sonst frage ich mich, warum z.B. lexoffice mit ca. 12,-/Monat Features umsetzen kann, die für Shopware >120,-/Monat kosten (z.B. Angebote, DATEV-Export, Bankabgleich).
Support
- Hat man mal Kontakt mit dem Support ist er sehr freundlich, erklärt alles ausführlich und ist wirklich hilfsbereit. Hier und da werden Anfragen aber auch mal übersehen und über irgendwelche Termine, wann ein Feature kommen könnte möchte man ausdrücklich nicht reden.
Fazit
Ich persönlich kann Pickware POS nicht als Kassensystem für den typischen Einzelhandel empfehlen, wenn man nicht eh schon groß genug ist und die restlichen Abläufe mit Personal und Hard-/Software (wie z.B. Pickware Mobile) “erschlägt”. Man hat zwar am POS damit den selben Kunden- und Artikelstamm, aber kein flüssiges System, mit dem man im Laden (= Lager) lokale Kunden, Online-Bestellungen und Lieferanten-Lieferungen abhandeln kann.
(Durch kommende Bugfixes & Updates wird sich der hier dokumentierte Stand sicherlich ändern; wenn möglich werde ich das entsprechend nachtragen. Außerdem werde ich natürlich weitere Punkte hinzufügen, die mir auffallen.)